Wo ist Moritz?
Im
zarten Katzenalter von 3 Monaten gliedert Moritz sich in unsere Familie
ein.
Er ist
bereits ein kräftiger, für sein Alter ungewöhnlich großer, schwarzweißer
Kater. Innerhalb kurzer Zeit hat er sich bei den älteren Nachbarkatzen den
nötigen Respekt verschafft. Sie haben Achtung vor dem strammen Kater, der
ohne Angst fremde Reviere betritt und keinen Kampf scheut.
Seinem
Menschen macht Moritz unmissverständlich klar, ihm nur ja keine
Vorschriften, seinen Freiheitsdrang betreffend, zu machen. Er will nach
Hause kommen, wann es ihm passt.
Regelmäßigkeiten sind ihm ein Gräuel. Futter nimmt er sich von irgendwoher
im Vorbeilaufen mit. Das bedrohliche Fauchen der ums Fressen betrogenen
Kater und Katzen lässt ihn kalt. Er bekommt stets das, was er möchte.
Schon allein seine Größe lässt die anderen Tiere zurück weichen.
Doch
eines Morgens beschließt er, den Tag im Warmen zu verschlafen. Draußen ist
es ihm an diesem stürmischen Herbsttag zu nass und ungemütlich.
Es ist
ja jedem bekannt, dass Katzen immer ein Plätzchen aufsuchen, wo sie
behaglich warm und weich liegen. So auch Moritz. Er ist inzwischen zwei
Jahre alt geworden und neigt, aufgrund seiner Körpergröße und -fülle,
schon etwas zur Bequemlichkeit.
Nun
steht ausgerechnet an diesem Tag ein Korb mit frisch gewaschener,
duftender Wäsche im Arbeitszimmer, die darauf wartet, in den Schrank
eingeräumt zu werden. Das kommt Moritz sehr gelegen.
Nach
seinem ausgiebigen nächtlichen Streifzug durch verschiedene Reviere und
einigen Kämpfen mit kleineren Katern, freut er sich auf ein ausgedehntes
Katerschläfchen.
Unbemerkt schleicht er auf leisen Samtpfoten blitzschnell die Treppe
herauf, spornstreichs ins Arbeitszimmer hinein. Mit hoch aufgerichtetem
Schwanz schnuppert er an den Wäschestücken. Er macht einen Riesenbuckel,
streckt die Vorderbeine weit aus und gähnt herzhaft.
Na, da
hat mein Mensch mir ja ein feines Körbchen zurecht gemacht! Scheint doch
zu wissen, was ein richtiger Kater nach einer anstrengenden Nacht so
braucht! Werde ihm dafür heute Abend schnurrend um seine Beine streichen!
Doch jetzt nichts wie rein ins Vergnügen!
Mit
einem Satz springt der Kater in den Korb. Unter seinem massiven Gewicht
sackt der Inhalt in sich zusammen. Moritz dreht sich ein paar Mal um sich
selber, schnuppert, und rollt sich zufrieden auf seinem bequemen Lager
zusammen. Den Schwanz legt er säuberlich um seine Pfoten. Er zwinkert noch
einmal kurz und schläft selig ein. Nichts und niemand stört seine Ruhe.
Bis das verflixte Telefon schrill läutet!
Moritz
schreckt auf. Er hebt den Kopf und blinzelt müde. Aber nur wenige
Sekunden. Schon kneift er die Augen wieder zu, räkelt sich einen Moment
behaglich und fällt erneut in einen tiefen Schlaf.
Er weiß
nicht, wie lange er geschlafen hat, als ein neues Geräusch seine
empfindlichen Ohren durchdringt. Dieses Mal ist es die Stimme seines
Menschen, die laut und vernehmlich ruft: Moritz! Moritz, wo bist du? Komm
her, es gibt Futter!
Moritz
spitzt die Ohren, als er seinen Namen hört. Der Klang des Wortes Futter
löst in seinem Magen schon den Wunsch aus, diesem lockenden Rufen nach zu
kommen. Aber hier ist es so gemütlich und warm. Eigentlich ist er von der
Nacht auch noch ziemlich satt. Also beschließt er, noch ein paar Runden zu
schlafen. Sein Kopf sinkt auf die Vorderpfoten und schwups ist Moritz
wieder fest eingeschlafen.
Er
schläft tief und fest. So bemerkt er nicht, dass sein Mensch ihn im ganzen
Haus händeringend sucht. Auf die Idee, der vermisste Kater könnte im
Wäschekorb liegen, kommt zunächst niemand. Jeder Raum im Haus,
einschließlich des Kellers, wird durchforstet. Nirgendwo eine Spur des
schwarz-weißen Tieres.
Sein
Mensch geht kopfschüttelnd ins Arbeitszimmer. Die Wäsche muss weg geräumt
werden.
Ein
spitzer Schrei lässt Moritz erneut aufschrecken. Er miaut kläglich. Warum
stört man ihn denn nun schon wieder?
Zwei
Hände greifen nach ihm und befördern ihn unsanft aus dem Korb.
Hier
hast du also die ganze Zeit gesteckt, du Schlingel! Jetzt muss die gesamte
Wäsche nochmals gewaschen werden, verflixter Kater!
Sein
Mensch funkelt ihn böse an. Mit eingekniffenem Schwanz und beleidigtem
Blick zieht Moritz betroffen von dannen.
Wieso
regt sein Mensch sich so auf? Er ist schließlich der mächtigste Kater in
der Umgebung. Jeder noch so kleinen Katze ist das bekannt. Also steht ihm
doch auch ein außergewöhnliches Schlafplätzchen zu. Nur der Zweibeiner
scheint da anderer Meinung zu sein.
Bei der
nächsten besten Gelegenheit läuft Moritz wieder ins Freie, wo ihm die
gebührende Achtung und Anerkennung in vollem Umfang entgegen gebracht
wird.
© Helga
Salfer
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