Geheimnisse

 

 

Verblüffendes, Unbekanntes, Rätselhaftes aus dem Alltag der Hauskatze

 

Was machen Katzen eigentlich nachts?

Langzeituntersuchungen mit Nachtsichtgeräten und Radiohalsbändern an Freilandkatzen bestätigen das verblüffende Gespür der Tiere für Raum und Zeit.

Vor allem während der Spät- und Nachtschicht haben Katzen ihren Terminplan fest im Kopf. Ebenso wie die Wege, auf denen sie regelmäßig das Revier sondieren.

Katzen sind ausgemachte Bürokraten. Eingefahrene Gewohnheiten gehen ihnen über alles, jede Veränderung verunsichert sie und lässt sie misstrauisch werden.

Dinner im Dämmerlicht: Wie Revierkontrolle und Siesta gehört das Frühmorgenfrühstück zum Nachtleben der Katzen.

Mußestunde um Mitternacht: Katzen können nach innen blicken und sind dabei der Welt rundherum weit entrückt.

Plätzchen im Mondlicht: Reine Hauskatzen passen sich ihrer Familie an und verdösen meist die halbe Nacht.

Grauzone im Garten: Die regelmäßige, nächtliche Inspektionstour durchs Stammrevier ist für jede Katze Pflicht.

Eine Katze, die bei Einbruch der Dämmerung das Haus verlässt und ins Revier aufbricht, patrouilliert stets auf denselben Pfaden, kontrolliert dieselben Grenzmarken, Bäume, Zäune oder Hausecken, und lugt von den ewig selben Warten aus in die dunkle Nachbarschaft. Das kurze Nickerchen zwischendurch, am Lieblinsplatz in der Scheune oder unter den Heckenrosen, gehört selbstredend dazu. Natürlich fast immer zur gleichen Stunde, das versteht sich wohl von alleine.

Hauskatzen, die gut im Futter stehen, packt während der Dunkelheit nur dann und wann der Jagdinstinkt.

Wenn die Sonne aufgeht, finden sich alle wieder ein. Die Frühstückszeit haben sämtliche Katzen dick und fett in ihrem Terminplan unterstrichen.

Die wundersame Welt der Katzenaugen

Katzen sind in erster Linie Augenwesen. Das haben sie mit dem Menschen gemein. Der optische Sinn bestimmt ihr und unser Leben.

Katzen sind in vielerlei Hinsicht perfekte Raubtiere. Auf leistungsstarke Ohren und ein sensibles Näschen können sie gar nicht verzichten, wenn sie in ihrem Lebensraum und speziell bei der Jagd Erfolg haben wollen. Doch trotz dieser hoch entwickelten Sinne bestimmt das Sehen ihr Leben.

Katzenaugen ähneln Weitwinkelobjektiven: Das Blickfeld umfasst mehr als 180 Grad. Ohne den Kopf zu wenden, nimmt die Katze innerhalb dieser Fläche selbst kleinste Bewegungen wahr. Im Randbereich, wo sich die Sehfelder der Augen nicht überlappen, sieht sie zwei-, in der zentralen Zone dreidimensional. Das frontale, stereoskopische Sehen ermöglicht ein zentimetergenaues Abschätzen der Entfernung, die unabdingbare Voraussetzung fürs Beutemachen. Der Blick nach links und rechts bis fast hinter die Ohren hingegen ist so etwas wie die optische Lebensversicherung einer Katze: Hier entgeht den Augen kein noch so geschicktes Anpirschen eines möglichen Feindes. Dabei ist die Sehschärfe nicht die Sache des Katzenauges. Der Mensch ist ihr darin eindeutig überlegen. Scharfstellen macht für das Auge der Jägerin nur dort besonderen Sinn, wo es wirklich nötig ist: in einer Entfernung von zwei bis sechs Metern nämlich. Auf kätzisch: Dort tanzt die Maus!

In ihrer Anpassungsfähigkeit selbst an extreme Lichtverhältnisse sind Katzenaugen jeder Kameraoptik überlegen.

Katzenaugen müssen bei Tag vor übermäßiger Helligkeit geschützt werden. Was wir am Fotoapparat vor wenigen Jahren noch per Einstellrad oder Blendenring manuell vorgeben mussten, klappt bei Katzen seit ewigen Zeiten perfekt und vollautomatisch.

Seine wahre Leistungsfähigkeit beweist das Katzenauge allerdings bei Restlicht, in Dämmerung und im Fast-Dunkeln. Dafür ist das Tapetum lucidum verantwortlich. Diese Gewebeschicht hinter der Netzhaut verstärkt und reflektiert jeden einfallenden Lichtstrahl.

So ist die Dämmerungssehleistung der Katze sechsmal besser als die des Menschen. Das reflektierte Licht lässt das Katzenauge im Dunkeln aufleuchten.

Das Einmaleins der Katzenwäsche

Die erste Tätigkeit, die Kätzchen selbständig ausführen können, ist ihre Katzenwäsche. Putzen bedeutet für Katzen mehr als eine oberflächliche Schönheitskur. Putzen steht für perfekte und aufwendige Rundumreinigung, für Geruchsbindung, fürs Entsorgen von Schmutzteilchen, toten Haaren, Schmarotzern oder anderen unerwünschten Fellbewohnern, für den Erhalt der Struktur und Elastizität des Haarkleids, für die Ganzkörpermassage der Haut und die Anregung der Blutzirkulation.

Das Leben der Katze ist ohne diese Körperhygiene undenkbar: Regelmäßiges Putzpflegen dient gleichermaßen der Gesunderhaltung und Krankheitsabwehr wie der Stabilisierung des seelischen Wohlbefindens.

Vernachlässigte Pflege ist ein erstes, ernstes Symptom physischer oder psychischer Probleme.

Die ausgiebige Beschäftigung mit dem eigenen Körper ist ein wichtiges Indiz des ausgeglichenen und zufriedenen Lebens einer Hauskatze.

In einem Satz: Die Katzenwäsche gehört zum Katzenglück.

Das Glück ist eine Katze

Katzen sind selbstzufrieden und selbstgenügsam. Sie sind sich ihrer inneren Kraft bewusst, das bekundet jede ihrer Bewegungen, das demonstriert uns ihre Unbestechlichkeit Tag für Tag.

Und doch können sie gleichzeitig voller Eifersucht sein. Eifersüchtig auf bevorzugte Artgenossen, auf Menschen, die ihnen die Mitte streitig machen.

Das nimmt ihrer Selbstzufriedenheit augenscheinlich nichts, aber es fügt unserem Bild der Katze neue Perspektiven und neue Bezugspunkte hinzu.

In sich ruhen und doch auch krank vor Eifersucht, unbestechlich und doch auch bettelnd, voller Dankbarkeit und Hingabe und doch auch spröde, abweisend und unnahbar.

Alles zusammen eben Katze.

Katzen nehmen an unserem Leben teil und leben doch ihr Leben. Sie zeigen uns, wie man dazu gehört, teilnimmt, ohne sich zu vergeben oder gar aufzugeben. Sie stehen für eine Beständigkeit über den Tag hinaus, weil ihr Maß bleibt. Der Hund wird eins mit seiner Familie, Mitglied, Mitmacher, Freund in der Freude und im Leiden.

Natürlich trösten Katzen auch. Aber distanzierter, fast objektiver und so vielleicht verlässlicher und beständiger.

Menschen, die mit Katzen leben, sind gesünder oder gesunden schneller, sind aufgeschlossener, lebensbejahender, ausgeglichener, zufriedener: der Mensch, der sich in der Katze selbst entdeckt.

Quelle: Die Geheimnisse des Katzenlebens

 

Wolfgang Armbrust

Gerd Ludwig