Kater Charly stellt sich vor

Wie soll ich mich beschreiben, damit ihr euch die richtige Vorstellung von mir macht?

Nun ja, ich bin ein junger, grau getigerter Kater mit ganz weichem Fell. Ich habe vier schöne weiße Pfoten und ein großes, weißes Lätzchen. Die Menschen lächeln immer entzückt, wenn sie mich betrachten.

Und dann meine Augen, wenn sie meine großen, leuchtenden Augen sehen, sind sie total begeistert und schließen mich gleich in ihr Herz.

Bei meinem Herrchen habe ich seit 15 Monaten einen Stein im Brett. Ihr kennt doch diesen Begriff? Er ist halt total vernarrt in mich und hat alles getan, was für mich gut war.

Ja, ihr lest richtig, was gut war, denn ich wohne seit ein paar Tagen nicht mehr bei ihm.

Warum? Hm, ja, er ist beruflich regelmäßig drei Tage und drei Nächte in der Woche nicht Zuhause, so dass sich dann gar keiner um mich kümmern kann.

Gefallen hat mir das nie, aber ich habe mich immer um so mehr gefreut, wenn er dann wieder drei volle Tage bei mir sein konnte.

Aber irgendwie hat Herrchen das schlechte Gewissen wohl zu häufig geplagt.

Nun hat er für mich eine neue Bleibe ausfindig gemacht. Ich muss sagen, er hat keine schlechte Wahl getroffen.

Ihr müsst wissen, ich lebte mit meinem Herrchen in einer Etagenwohnung. Auf die Straße konnte ich nie, weil es da viel zu gefährlich für mich war, wegen des starken Verkehrs. Ein paar Mal war ich an einer Katzenleine in einer kleinen Grünanlage mit Herrchen spazieren. War wohl keine so gute Idee gewesen. Herrchen war nicht so angetan. Ich fand es schon spannend im Freien. Oh, was gab es da alles für mich zu sehen, zu riechen - am liebsten wäre ich gar nicht wieder rein gegangen.

Das wird sich nun ändern. Meine neuen Dosenöffner wohnen in einem eigenen Haus mit Garten. Sie haben auch zwei Kätzinnen, mit denen ich mich so langsam anfreunde. Sie sind zwar viel älter als ich deshalb auch schon etwas bequem und faul, aber was soll's, ich kann sie vielleicht dazu bewegen, wieder etwas lebhafter zu werden, Ideen dafür habe ich genug. Ich war zwar immer allein, doch glaubt nicht, ich hätte nur träge herum gelegen,  absolut nicht. Meine Phantasie kennt kaum Grenzen und für einen Spaß bin ich immer zu haben.

Mohrle und Minka, so heißen die beiden Katzen im Haus, haben schon oftmals erstaunt geschaut, wenn ich ihnen meine Sprünge vom Boden auf den Tisch, Stuhl oder Schrank vorgeführt habe. Glaubt mir, so schnell konnten die gar nicht gucken.

Was die beiden und meine neuen Menschen gar nicht fassen konnten, meine Begeisterung für Wasser.

Wenn ich Wasser sehe, bin ich einfach nicht mehr zu halten. Im Keller lief dann tatsächlich ein Wasserhahn. Als ich das herrliche Geräusch hörte, schlug mein kleines Katerherz wie wild vor Freude. Mit einem Satz stand ich auf dem Rand des Beckens und ließ mir die köstlichen Wassertropfen ins Maul laufen. Ach, was war das toll!

Ich hatte wohl das Gefühl, mein neues Herrchen fand das nicht ganz so fein wie ich. Er hat zwar gelacht, aber seine Begeisterung hielt sich dennoch in Grenzen.

Die Treppen hinauf und hinunter zu jagen, hei, das macht Spaß, Leute. Wie ein Wirbelwind flitze ich von der ersten Etage ins Parterre, anschließend in den Keller und ab wieder nach oben. Nicht das ihr jetzt denkt, der ist ja doll, der Kleine, nein, nein, ich genieße einfach den großen Freiraum, den ich bisher ja nie kannte, versteht ihr?

Wenn ich mich hier nun etwas eingewöhnt habe, darf ich mit Minka und Mohrle hinaus in den großen Garten mit dem grünen Rasen in der Mitte. Bis jetzt schau ich ihn mir ja immer nur vom Fenster aus an und stell mir schon vor, wie ich ganz aufgeregt durch die Sträucher streife und alles erkunde.

Darüber berichte ich euch, wenn es soweit ist.

Bis bald, euer kleiner Kater Charly.

© Helga Salfer